von Hervé Roten
Israel Adler wurde 1925 in Berlin in einer Familie mit drei Kindern geboren. Im Alter von 11 Jahren wandert er nach Palästina mit seinen Eltern aus. Dort führt er religiöse Studien in den Jeschiwot von Jerusalem und dann Petach Tikwa weiter. Er war 23 als den Staat von Israel gegründet wurde, und er nahm am Unabhängigkeitskrieg innerhalb des Palmachs teil. Er fühlte sich jedoch von Musik angezogen, und richtete sich 1950 in Paris ein, um Lazare Levys Klavierunterrichten (Ecole Normale Supérieure de Musique) und Georges Dandelots Harmonieunterrichten (Conservatoire National Supérieur de Musique) zu besuchen. In derselben Zeit schrieb er sich an der Ecole Pratique des Hautes Etudes und am Institut de Musicologie de la Sorbonne (Institut für Musikwissenschaft der Sorbonne) ein, wo er 1963 seinen Doktortitel für seine grundlegende Arbeit über die gelehrte Musikpraxis der jüdischen Gemeinden in Europa im 17. und 18. Jahrhundert erhielt.
Während seiner dreizehn Jahre Studium in Paris (1950-1963) wurde er zum Assistenten des Musikwissenschaftlers Jacques Chailley an der Sorbonne und zum Verantwortlichen der hebräischen Manuskripte an der Bibliothèque Nationale de France (BNF) berufen. In Frankreich lernte er auch seine Frau Michèle kennen, mit der er einen Sohn, Elie, hatte.
1963 bot ihm die Hebräische Universität von Jerusalem die Stelle des Direktors der neuen Musikabteilung der National Jewish and University Library (JNUL). Kurz nach seiner Berufung gründete Adler 1964 das Forschungszentrum für Jüdische Musiken, dann 1965 die Nationale Phonothek von Israel (le’umit Fonoteca), auf der Basis der Phonothek der BNF. Diese Institution ist heute als eines der wichtigsten Dokumentationszentren für jüdische und nichtjüdische mündliche Musiktraditionen aus Israel, Palästina und allgemein aus dem Nahen Osten anerkannt.
Adler gründete auch 1967 die Gesellschaft für israelitische Musikwissenschaft; Dennoch vernachlässigte er seine Belastungen als Forscher und Lehrer nicht. 1971 wurde er zum Professor für Musikwissenschaft an der Universität Tel Aviv, dann von 1975 bis 1989 zum Professor an der Hebräischen Universität Jerusalem berufen, wo er 1994 den Titel vom „emeritierten Professor“ erhielt.
Adler, der von einer ungewöhnlichen Energie angetrieben war, ist der Autor wichtiger Arbeiten über jüdische Musik. Er war mit Leib und Seele Bibliothekar und träumte davon, als Fortsetzung der Arbeit von Abraham Zvi Idelsohn eine möglichst vollständige Inventur der jüdischen musikalische Quellen aufzustellen. In diesem Sinne arbeitete er fast 20 Jahre lang mit Léa Shalem zur Veröffentlichung eines Werkes, das alle hebräischen musikalischen Manuskripte vor 1840 erfasst. Eine weitere seiner großen Leistungen war die Veröffentlichung einer Sammlung, in der alle hebräischen Schriften über Musik von der Zeit der Geonim (589) bis 1800 inventarisiert wurden.
Ein weiteres starkes Merkmal von Adlers Charakter war seine Hartnäckigkeit. Als er die Musikabteilung der National Jewish and University Library leitete, erfuhr er, dass eine Frau in Paris eine umfangreiche Sammlung von Manuskripten aus der Kairoer Geniza besaß. Durch viele Beharrlichkeit gelingt es ihm, sie davon zu überzeugen, dass er diese manchmal über 1.000 Jahre alten Dokumente auf Mikrofilm aufnehmen darf. Innerhalb weniger Tagen wurden Tausende von einzigartigen Manuskripten aus einer über 2 Meter hohen und 1,20 Meter breiten Kiste geholt, um inventarisiert und anschließend mikroverfilmt zu werden!
In seinen letzten Lebensjahren bemühte sich Israel Adler darum, von den ukrainischen Behörden eine Kopie der außergewöhnlichen Sammlung des russisch-jüdischen Musikwissenschaftlers Moissei Beregowski zu erhalten, die während der Stalinzeit vergessen und in der Wernadskyj-Nationalbibliothek in Kiew wiedergefunden worden war. Zu seinen Aktivitäten gehört auch die Herausgabe zahlreicher Partituren jüdischer Barockmusik, darunter das Esther-Oratorium (1774) – ein Werk, das Christiano Giuseppe Lidarti auf ein hebräisches Libretto von Rabbi Jacob Raphael Saraval schrieb – dessen Wiederentdeckung er initiiert hat.