Biografie verfasst von Jean-Gabriel Davis und Hervé Roten, nach dem Bericht von Jean Bécache
Die Bécache-Dynastie: Vom Rabbiner zum Musiker
Shalom Bécache, der Großvater von Jean Bécache, wurde 1848 in Bombay geboren. Ursprünglich stammte er aus Bagdad und sprach Irakisch-Arabisch. Während einer Pilgerfahrt nach Safed, verliebte er sich in eine junge Algerierin und folgte ihr nach Algerien, wo er Rabbiner der Ben Thoa Synagoge wurde, der kleinsten Synagoge von Algier, in welcher algerische und irakische Lieder gesungen wurden. Shalom Bécache gründete auch eine hebräische Druckerei in Algier (er veröffentlichte insbesondere ins Hebräische übersetzte Bücher von Jules Verne) und schrieb Beiträge für hebräische Zeitschriften. Er wurde auch auf dem kulinarischen Gebiet tätig und brachte irakische Rezepte nach Algerien, darunter die sehr persönliche Herstellungsweise der Bécache-Familie, für das Charosset [1] mit Dattelhonig.
Ben Sion Bécache, der älteste Sohn von Shalom Bécache, hatte einen Abschluss in orientalischen Sprachen und sprach klassisches wie auch dialektales Arabisch, Hebräisch, Aramäisch und Syrisch. Während des Krieges von 1914 war er ein Marineoffizier, nahm an der Landung auf den Dardanellen teil und ging nach Saloniki.
Ben Sion Bécache bekam 5 Kinder: Jean (Charles), Arzt und Musiker, geboren am 28. Juni 1911, er gewann mehrere Preise des Konservatoriums von Algier für sein Spiel des Kontrabass, des Violoncello, Komposition und Harmonie; sein Bruder, Elysée, ebenfalls Arzt, gewann den ersten Preis für sein Spiel der Violine; ein weiterer Bruder, Ary, spielte Violine und war Psychiater; Mathieu spielte Oboe, Englischhorn und war Richter; Mireille wiederum war Pianistin und Apothekerin.
Der Zweite Weltkrieg
1935-36, verließ Jean Bécache Algerien und ließ sich in Frankreich nieder. Sein Sohn, Pierre Ben Sion Bécache, wurde am 14. Juni 1938, in Livry Gargan geboren.
1939, am Vorabend des Krieges wurde Jean Bécache als Arzt bei der Mobilgarde Frankreichs in Drancy, einberufen. Da er sich der Gefahr bewusst war, schickte er seine Frau und seinen Sohn nach Algier, wo Pierre von 1939 bis 1945 aufwuchs. 1940 setzte Jean, der sich bei den Behörden nicht als Jude zu erkennen gegeben hatte, seine Arbeit als Arzt in der Mobilgarde trotz der Besetzung durch die Deutschen und die ersten antisemitischen Maßnahmen, fort [2]. Einige Zeit später wurde er in das Büros seines Obersts gerufen, in welchem ebenfalls ein SS-Offizier anwesend war. Der Oberst fragte ihn, ob er Jude sei, Jean Bécache verneinte dies. Doch, sobald dieses Gespräch vorbei war, floh er mit dem Fahrrad nach Moulins, überquerte die Demarkationslinie, nahm einen Zug nach Marseille und schließlich ein Boot nach Algier. Er begab sich daraufhin zur Gendarmerie in Algier und gab an, ein entflohener Gefangener zu sein. Trotzdem wurde er einige Zeit später zu Hause verhaftet und im Gefängnis von Barberousse unter falscher Anschuldigung der französischen Gendarmerie interniert. Diese beschuldigte ihn der Abtreibung, welche damals streng verboten war. Während seines drei- oder viermonatigen Gefängnisaufenthalts (er wurde schließlich freigelassen, da seine Akte eintragslos war), traf er Juden und Kommunisten und schloss sich deren Widerstandsbewegung an. In der Nacht des 7. auf den 8. November 1942 brachte Jean das große Postamt zu Fall, um so die Landung der Alliierten zu erleichtern, welche Algier wiederstandlos zurückeroberten.
Anschließend kämpfte er in Tunesien, bei der Landung auf Sizilien, im Italienfeldzug (einschließlich der Schlacht von Monte Cassino), bei der Landung in der Provence und im Frankreichfeldzug.
Jean Bécache verbrachte insgesamt 3 Jahre an der Front als Sanitäter.
Seine Familie kehrte nach dem 8. November 1945, nach Frankreich zurück.
Jean Bécache, Komponist, Transkripteur und Musiker
In Algerien studierte Jean Bécache Musik. Da er mit mehreren Preisen des Konservatoriums ausgezeichnet wurde, spielte er auch in Cafés und transkribierte viele liturgische Melodien des algerischen Ritus, wie auch Pijjut (religiöser Poesie). Während des Krieges schrieb er weiter Musik, insbesondere während seines Urlaubs und komponierte Melodien auf der Grundlage arabisch-andalusischer Musik. Als er Sanitäter war, brachte er seine beiden arabischen Krankenschwestern und den Fahrer, welche ihn begleiteten, dazu, arabisch-andalusische Lieder zu singen, deren Noten er notierte.
Nach dem Krieg veröffentlichte Jean Bécache eine Reihe von Partituren, Kompositionen, Orchestersuiten arabisch-andalusischer Musik und liturgische Transkriptionen. Schließlich war er auch Orchestermitglied des 13. Pariser Arrondissement und Dirigent des städtischen Orchesters von Aulney-sous-Bois.
Jean Bécache starb am 19. Dezember 1985 in Alfortville. Er wurde auf dem jüdischen Teil des Friedhofs von Pantin begraben.
(1) Charosset ist eine Mischung aus gemahlenen Früchten, die am Abend des Pessach-Seders verzehrt wird. Es erinnert an den Mörtel, aus welchem die israelitischen Sklaven in Ägypten, die für den Bau benötigten Ziegel herstellten.
(2) Im Gegensatz zur Mehrheit der algerischen Juden, welche die französische Staatsbürgerschaft durch das Décret Crémieux von 1870 erhalten hatten, erhielt Shalom Bécache, der ein britischer Staatsbürger war, erst bei seiner Ankunft in Algier die französische Einbürgerung. Daher behielt seine Familie auch die französische Staatsbürgerschaft, trotz der Aufhebung des Décrets Crémieux, am 8. Oktober 1940.
Lesen Sie die ausführliche Biografie von Jean Bécache, welche von Pierre Bécache verfasst wurde
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