Die jüdische Hochzeit

Von Avner Azoulay

Die jüdische Hochzeit wird nach zahlreichen Bräuchen und Gesetzen gefeiert, die ihre ganze spirituelle und materielle Bedeutung zum Ausdruck bringen sollen. Alle diese Rituale drücken mit Hilfe von Gesten, Symbolen und hebräischen Versen die tiefe Bedeutung der Verbindung zwischen Mann und Frau aus, einschließlich der Festlegung einer Reihe von Verpflichtungen, die automatisch zwischen den Ehepartnern entstehen.

In Frankreich werden für eine jüdische Hochzeit eine Geburtsurkunde, eine Heiratsurkunde der Eltern (Ketuba), das Familienstammbuch der Eltern und das Familienstammbuch beider Brautleute benötigt, um sicherzustellen, dass die Ehe legal ist.

Bei den meisten Hochzeiten sephardischer Juden, die aus Nordafrika stammen, geht der Hochzeitszeremonie der Henna-Abend voraus.

Die Hochzeit und ihre Bräuche

Der Hochzeitstag ist ein äußerst günstiger Tag, um vergangene Sünden zu bereuen, so dass manche Brautpaare an ihrem Hochzeitstag fasten und anstelle des Gebets, das normalerweise an jedem Tag des Jahres am Nachmittag gesprochen wird, das Gebet lesen, das am Jom Kippur (Versöhnungstag) gesprochen wird. Ihre Sünden werden an diesem Tag vergeben, da ein neues Leben zu zweit beginnt, und es symbolisiert die Tatsache, dass ihre Vereinigung sozusagen die Geburt einer neuen Seele durch die Verschmelzung ihrer jeweiligen Seelen ist.

Das Brautpaar gilt ein Jahr lang als König und Königin, besonders in den sieben Tagen nach der Hochzeit. Aus diesem Grund ist es ihnen verboten, irgendeine Arbeit zu verrichten, und so nutzen die Verwandten die Gelegenheit, eine gute Tat zu vollbringen, wie Diener, die ihrem König oder ihrer Königin freudig dienen: Sie kleiden die Braut und den Bräutigam vor der Trauung, sie laden die Braut und den Bräutigam während der nächsten sieben Tage zu einem Bankett ein und so weiter. Die Braut und der Bräutigam werden Chatan für den Mann und Kala für die Frau genannt.

Die jüdische Hochzeit wird unter dem Brautbaldachin (Chuppa) gefeiert. Diese symbolisiert das neue Heim, das nach dem Propheten Maleachi „Heiligtum des Herrn“ genannt wird.

Das Ritual

Die Zeremonie läuft folgendermaßen ab: Der amtierende Rabbiner steht unter dem Brautbaldachin, wo der Bräutigam zu ihm gebeten wird; dieser kommt meist in Begleitung seiner Eltern. Schließlich ist es die Braut, die eingeladen wird. Sie bleibt einige Meter vor dem Baldachin stehen und der Bräutigam geht hinunter, um ihr den Schleier über das Gesicht zu legen. Diese Geste symbolisiert, dass der Bräutigam prüft, ob es sich um seine Frau handelt, und er bedeckt sie selbst, nachdem er sich vergewissert hat; sie verweist auf die erste Ehe Jakobs, dem Laban durch Täuschung Lea anstelle von Rachel gab. Danach kehrt der Bräutigam unter die Chuppa zurück, gefolgt von seiner zukünftigen Frau.

Das Singen der Segenssprüche

Der amtierende Rabbiner beginnt damit, ein Glas mit Wein zu füllen und die Segenssprüche zur Verlobung vorzulesen:

. בָּרוּךְ אַתָּה יְהוָה אֱלֹהֵינוּ מֶלֶךְ הָעוֹלָם, בּוֹרֵא פְּרִי הַגָּפֶן

בָּרוּךְ אַתָּה יְהוָה אֱלֹהֵינוּ מֶלֶךְ הָעוֹלָם, אֲשֶׁר קִדְּשָׁנוּ בְּמִצְוֹתָיו וְצִוָּנוּ עַל הָעֲרָיוֹת וְאָסַר לָנוּ אֶת־הָאֲרוּסוֹת, וְהִתִּיר לָנוּ אֶת־הַנְּשׂוּאוֹת לָנוּ עַל יְדֵי חֻפָּה בְקִדּוּשִׁין. בָּרוּךְ אַתָּה יְהֹוָה, מְקַדֵּשׁ עַמּוֹ יִשְׂרָאֵל עַל יְדֵי  חֻפָּה בְקִדּוּשִׁין

Baruch ata Adonai Elohenu melech ha-olam, bore peri hagefen.

Baruch ata Adonai Elohenu melech ha-olam, acher kidechanu bemitsvotav vetsivanu al ha-arayot ve-asar lanu et ha-arusot, ve-hitir lanu et ha-netuot lanu al yede chupa ve-kiduchin. Baruch ata Adonai, mekadech amo Yisrael al yede Chupa ve-kiduchin.

Chuppa

Gelobt sei der Herr, unser Gott, König des Universums, der die Frucht des Weins geschaffen hat.

Gelobt sei der Herr, Ewiger, unser Gott, König des Universums, der du uns durch deine Gebote geheiligt hast und uns Vorschriften über die Verbindungen zwischen nahen Verwandten gegeben hast, die uns die Verlobungen anderer verbieten und die durch die kirchliche Trauung geweihten Verbindungen erlauben. Gepriesen seist du, Ewiger, der du Israel, dein Volk, heiligst durch den Brautbaldachin und die Weihe der Ehe.

Segen für Verlobte unter der Chuppa (aschkenasischer Ritus) – Jacques Arnold

Die Braut und der Bräutigam probieren dann den Wein. Danach streift der Bräutigam einen goldenen, runden und glatten Ring über das erste Glied des Zeigefingers der Braut, die ihren Finger gleich darauf beugt. Dann sagt er den folgenden Satz:

  : הֲרֵי אַתְּ מְקֻדֶּשֶׁת לִי בְּטַבַּעַת זוֹ כְּדַת מֹשֶׁה וְיִשְׂרָאֵל

Hare at mekudechet li betabaat zo kedat Moche ve-Yisrael.

Durch diesen Ring heilige ich dich nach dem Gesetz Moses und Israels.

Es handelt sich um eine Transaktion: Der Mann schenkt der Frau einen wertvollen Ring, und indem sie dieses Geschenk annimmt, reserviert sie sich für ihren Ehemann. Daher der Begriff „mekudechet“, der gleichzeitig vom zukünftigen Ehemann erklärt wird und im Hebräischen „geweiht“ oder „reserviert“ bedeutet.

Da sich die Gesellschaft und der Geist weiterentwickelt haben, kann die Frau ihrem Mann heute am Ende der Zeremonie einen Ring überreichen.

Ketuba

Anschließend verliest der Rabbiner die Heiratsurkunde (die Ketuba) in aramäischer Sprache. In diesem Dokument werden die finanziellen und materiellen Verpflichtungen des Mannes gegenüber seiner Frau festgehalten.

Die Heiratsurkunde (Ketuba) muss nicht nur vom Rabbiner, sondern auch von zwei Zeugen, die nicht blutsverwandt mit dem Brautpaar sind, unterschrieben werden. Die Heiratsurkunde wird der Frau ausgehändigt, die sie ihr Leben lang sorgfältig aufbewahrt.

Die Sieben-Segens-Zeremonie

Ein zweites Glas Wein wird gefüllt und dann beginnt die Sieben-Segens-Zeremonie (Schewa Berachot). Sie haben die Bedeutung der Beziehung zwischen den Eheleuten und dem Allmächtigen und der Freude, die die Ehe begleitet.

1. Der Wein

   .בָּרוּךְ אַתָּה יְיָ אֱ-לֹהֵינוּ מֶלֶךְ הָעוֹלָם, בּוֹרֵא פְּרִי הַגָּפֶן

Barukh ata Adonai Elohenu melekh ha-olam, bore peri hagefen.

Gelobt sei der Herr, unser Gott, König des Universums, der die Frucht des Weins geschaffen hat.

1. Segen (aschkenasischer Ritus) – Joseph Blumberg, an der Orgel begleitet von Alain Jehan, Dir: Léon Algazi (Le chant hébraïque de la synagogue française, Ed. La Voix de Son Maître, 1933)

2. Der Zweck

  .בָּרוּךְ אַתָּה יְיָ אֱ-לֹהֵינוּ מֶלֶךְ הָעוֹלָם, שֶׁהַכֹּל בָּרָא לִכְבוֹדוֹ

Baruch ata Adonai Elohenu melech ha-olam, chehakol bara lichvodo.

Gelobt sei der Herr, unser Gott, König des Universums, der du alles zu seiner Ehre erschaffen hast.

2. Segen (aschkenasischer Ritus) – Joseph Blumberg, an der Orgel begleitet von Alain Jehan, Dir: Léon Algazi (Le chant hébraïque de la synagogue française, Ed. La Voix de Son Maître, 1933)

3. Der Mensch

  .בָּרוּךְ אַתָּה יְיָ אֱ-לֹהֵינוּ מֶלֶךְ הָעוֹלָם, יוֹצֵר הָאָדָם

Barukh ata Adonai Elohenu melech ha-olam, yotser ha-adam.

Gelobt sei der Herr, unser Gott, König des Universums, der du den Menschen erschaffen hast.

3. Segen (aschkenasischer Ritus) – Joseph Blumberg, an der Orgel begleitet von Alain Jehan, Dir: Léon Algazi (Le chant hébraïque de la synagogue française, Ed. La Voix de Son Maître, 1933), 1933)

4. Die Frau

בָּרוּךְ אַתָּה יְיָ אֱ-לֹהֵינוּ מֶלֶךְ הָעוֹלָם, אֲשֶׁר יָצַר אֶת הָאָדָם בְּצַלְמוֹ, בְּצֶלֶם דְּמוּת תַּבְנִיתוֹ, וְהִתְקִין לוֹ מִמֶּנּוּ בִּנְיַן עֲדֵי עַד: בָּרוּךְ אַתָּה יְיָ, יוֹצֵר הָאָדָם

Baruch ata Adonai Elohenu melekh ha-olam, asher yatsar et ha-adam betsalmo, betselem demut tavnito, vehitkin lo mimenu bintyan ade ad. Baruch ata Adonai, yotser ha-adam.

Gelobt sei der Herr, unser Gott, König des Universums, der du den Menschen nach seinem Bild erschaffen und ihn zu einem Denkmal für die Ewigkeit gemacht hast. Sei gepriesen, Ewiger, Schöpfer des Menschen.

4. Segen (aschkenasischer Ritus) – Joseph Blumberg, an der Orgel begleitet von Alain Jehan, Dir: Léon Algazi (Le chant hébraïque de la synagogue française, Ed. La Voix de Son Maître, 1933)

5. Jerusalem

  .שׂוֹשׂ תָּשִׂישׂ וְתָגֵל הָעֲקָרָה, בְּקִבּוּץ בָּנֶיהָ לְתוֹכָהּ בְּשִׂמְחָה: בָּרוּךְ אַתָּה יְיָ, מְשַׂמֵּחַ צִיּוֹן בְּבָנֶיהָ

Sos tasis ve-tagel ha-akara, bekibuts baneha letochah besimcha. Baruch ata Adonai mesameach Zion bevaneha.

Zion wird sich freuen, wenn der Ewige seine Kinder sammelt. Gelobt seist du, Ewiger, der du Zion erfreust durch seine Kinder.

5. Segen (aschkenasischer Ritus) – Joseph Blumberg, an der Orgel begleitet von Alain Jehan, Dir: Léon Algazi (Le chant hébraïque de la synagogue française, Ed. La Voix de Son Maître, 1933)

6. Die Freude

  .שַׂמַּח תְּשַׂמַּח רֵעִים הָאֲהוּבִים, כְּשַׂמֵּחֲךָ יְצִירְךָ בְּגַן עֵֽדֶן מִקֶּֽדֶם: בָּרוּךְ אַתָּה יְיָ, מְשַׂמֵּֽחַ חָתָן וְכַלָּה

Samach tesamach reïm ha-ahuvim, kesameḥacha yetsircha began eden mikedem. Barukh ata Adonai mesameach chatan vekala.

Mögest du dieses geliebte Paar erfreuen, wie du einst die Geschöpfe im Garten Eden erfreut hast. Sei gepriesen, Ewiger, der du Bräutigam und Braut erfreust.

6. Segen (aschkenasischer Ritus) – Joseph Blumberg, an der Orgel begleitet von Alain Jehan, Dir: Léon Algazi (Le chant hébraïque de la synagogue française, Ed. La Voix de Son Maître, 1933)

7. Vollständigkeit und darüber hinaus

בָּרוּךְ אַתָּה יְיָ אֱ-לֹהֵינוּ מֶלֶךְ הָעוֹלָם, אֲשֶׁר בָּרָא שָׂשׂוֹן וְשִׂמְחָה, חָתָן וְכַלָּה, גִּילָה רִנָּה דִּיצָה וְחֶדְוָה, אַהֲבָה וְאַחֲוָה שָׁלוֹם וְרֵעוּת, מְהֵרָה יְיָ אֱ-לֹהֵינוּ יִשָּׁמַע בְּעָרֵי יְהוּדָה וּבְחוּצוֹת יְרוּשָׁלָיִם, קוֹל שָׂשׂוֹן וְקוֹל שִׂמְחָה, קוֹל חָתָן וְקוֹל כַּלָּה, קוֹל מִצְהֲלוֹת חֲתָנִים מֵחֻפָּתָם, וּנְעָרִים מִמִּשְׁתֵּה נְגִינָתָם: בָּרוּךְ אַתָּה יְיָ, מְשַׂמֵּחַ חָתָן עִם הַכַּלָּה

Barukh ata Adonai Elohenu melech ha-olam, acher bara sason vesimcha, chatan vekala, gila rina ditsa veḥedva, ahava veachva shalom vereut. Mehera Adonai Elohenu yishama beare Yehuda ouvḥutsot Jeruchalayim, kol sason vekol simcha, kol chatan vekol kala, kol mizchalot chatanim mecḥupatam, unarim mimishte neginatam. Barukh ata Adonai mesameacḥ cḥatan im ha-kala     

Gelobt sei der Herr, unser Gott, König der Welt, der du geschaffen hast Freude, Jubel, Bräutigam, Braut, Liebe und Brüderlichkeit, Wonne und Lust, Freundschaft und Frieden. O Gott, unser Gott, lass bald in den Städten Judas und auf den Gassen Jerusalems die Stimme der Freude erschallen, die Stimme des Jubels, die den Bräutigamen vorausgeht, wenn sie von ihrem Hochzeitsbaldachin heraustreten, und den Jünglingen, wenn sie von ihrem Festmahl voller Gesang zurückkehren. Gelobt sei der Herr, unser Gott, König der Welt, der du den Bräutigam und die Braut erfreust und sie glücklich machst.

7. Segen (aschkenasischer Ritus) – Joseph Blumberg, an der Orgel begleitet von Alain Jehan, Dir: Léon Algazi (Le chant hébraïque de la synagogue française, Ed. La Voix de Son Maître, 1933)

Anschließend trinkt das Brautpaar den Wein aus diesem zweiten Kelch.

Das Ende der Hochzeitszeremonie

Der letzte Schritt der Zeremonie ist das Zerbrechen des Glases, das an die Zerstörung des Tempels in Jerusalem erinnern soll und damit bedeutet, dass keine Freude vollkommen sein kann, solange der Tempel in Jerusalem nicht wieder aufgebaut ist.

Der Bräutigam rezitiert den folgenden Satz aus Psalm 137:

    .אִם־אֶשְׁכָּחֵךְ יְרוּשָׁלָ͏ִם תִּשְׁכַּח יְמִינִי .תִּדְבַּק־לְשׁוֹנִי  לְחִכִּי אִם־לֹא אֶזְכְּרֵכִי אִם־לֹא אַעֲלֶה אֶת־יְרוּשָׁלַ͏ִם עַל רֹאשׁ שִׂמְחָתִי

Im eshkaḥekh Yeruchalayim tichkach yemini. Tidbak lechoni lecḥiki im lo ezkerechi. Im lo aale et Jeruchalayim al rosh simchati.

Wenn ich dich vergesse, Jerusalem, so soll meine Rechte mich vergessen. Meine Zunge soll an meinem Gaumen kleben, wenn ich nicht an dich denke, wenn ich Jerusalem nicht über meine Freude erhebe.

Der Bräutigam zerbricht dann mit seinem Fuß ein Glas, das in der Regel mit einem Tuch umwickelt ist, um Splitter zu vermeiden. Die Gäste rufen dann auf Hebräisch „Mazel Tov!“ (wörtlich „guter Stern“, im Sinne von „beste Wünsche“).

Der Hochzeitsempfang und die Feierlichkeiten nach der Hochzeit

Es ist eine besondere Verpflichtung, dem Brautpaar eine Freude zu bereiten. Deshalb folgt auf die Trauung ein Empfang mit einem Festmahl, bei dem Brot und Fleisch gegessen werden, begleitet von Musik und Tanz.

Nach dem Essen versammeln sich alle Gäste, um die Danksagung (Birkat Hamazone) zu sprechen. Danach werden die Sieben Segen (Sheva Berachoth) noch einmal über einem Glas Wein gesprochen. Ebenso wird das Brautpaar in den sieben Tagen nach der Hochzeit jeden Abend von den Verwandten zu einem Festmahl zu ihren Ehren eingeladen, nach dem wiederum die Sieben Segen gesprochen werden.

Hören Sie sich die Playlist an: Die traditionelle jüdische Hochzeit 1

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