Lidarti ist ein in Wien geborener Komponist, der aber den Großteil seines Lebens in Italien verbracht hat. Er ist der Urheber mehrerer hebräischer Stücke, darunter das berühmte Oratorium Ester, bei welchem es sich um die längste und reichste Komposition der hebräischen Gelehrtenmusik des 17. und 18. Jahrhunderts handelt.
Christiano Giuseppe Lidarti, italienischer Herkunft, wurde 1730 in Wien geboren. Er wurde von den Jesuiten erzogen und studierte Philosophie und Jura an der Universität von Wien. Als Kind nahm er Harfen- und Cimbalomstunden, studierte aber nicht Komposition, obwohl sein Onkel, Giuseppe Bonno, Kapellmeister am kaiserlichen Hof war. Um einem gewissen Dilettantismus entgegenzuwirken, empfahl ihm sein Onkel, die Theoretiker der traditionellen klassischen Musik zu studieren. Im Alter von 21 oder 22 Jahren ging Lidarti nach Italien, um bei Jomelli zu studieren. Doch diese Pläne sollten sich nicht erfüllen, woraufhin er einige Zeit lang in Venedig und Florenz arbeitete, dann fünf Jahre lang als Musiklehrer in Cortona und schließlich einen Posten als Instrumentalist (Kontrabass/Cello) in der Kapelle der Cavalierie di St. Stefano in Pisa erhielt, welchen er fast vierzig Jahre lang behalten sollte. In der Zwischenzeit wurde er an der renommierten Accadelia Filarmonica von Bologna und Modena aufgenommen. Lidarti gab nach eigenem Bekunden, nach dem Abschluss seiner Ausbildung den „erhabenen und fugierten Stil“ seiner Jugend, zugunsten eines einfachen, melodischen und „galanteren Stils“ auf, welchen er in seiner Zeit in Italien entwickeln konnte und der charakteristisch für die vorklassische Periode war. Das genaue Todesdatum Lidartis ist nicht bekannt – seine letzte Komposition stammt aus dem Jahr 1793 und sein Name verschwand nach dem 15. Februar 1794, von der Gehaltsliste der Kapelle der Cavalieri di St. Stefano.
Lidarti ist einer von zwei der wichtigsten Komponisten des 18. Jahrhunderts, die für die portugiesisch-jüdische Gemeinschaft in Amsterdam tätig waren (bei dem anderen Komponisten handelte es sich um den jüdischen Komponisten Abraham Caceres). Sein Name tauchte 1770, erstmals im Register der portugiesisch-jüdischen Gemeinschaft von Amsterdam auf. Zu Lidartis bekannten hebräischen Werken gehören die Solokantaten Bo’i be-shalom und Kol ha-neshama, das Duett Ha-mesiah illemim, die Chorstücke Be-fi yesharim und Nora elohim, die alle in Manuskriptform in der Bibliothek der portugiesisch-jüdischen Gemeinschaft Ets Haim erhalten sind, und vor allem das Oratorium Ester, das bis heute das längste und umfangreichste Werk der hebräischen Gelehrtenmusik des 17. und 18. Jahrhunderts.
Quellen
- Israel Adler, La pratique musicale savante dans quelques communautés juives en Europe aux XVIIème et XVIIIème siècles, Mouton & Co, 1966, pp. 189-236.
- Vom Libretto Esther inspirierte Biografie, enthalten in der Doppel-CD Le salut d’Israël par Esther; Cristiano Giuseppe Lidarti (1730-1793?), Ester, Orchestre National de Montpellier, choeur de la radio lettone; Friedemann Layer direction, Euterpe, 2003.
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