David Itsy Tarasyuk (ca 1897-1989), der unter dem Namen Dave Tarras bekannter war, wurde in dem Dorf Ternovka, nahe der ukrainischen Stadt Uman, geboren. Bereits in seiner frühen Kindheit wurde er mit der Klezmer-Musik vertraut gemacht, da sein Vater ein Klezmer-Posaunist und Badkhn (Hochzeitsunterhalter) war. Der junge Tarras spielte oft im Orchester seines Vaters (Kapelye). Er spielte Balalaika, Cobza (eine Art Oud), Gitarre, Mandoline und Flöte. Im Jahr 1915, wurde Dave Tarras, der bereits Klarinette spielte, in die Armee des Zaren eingezogen und wie es bei vielen Klezmorim vor ihm bereits der Fall war, bot ihm sein musikalisches Talent die Möglichkeit, in einer Militärkapelle zu dienen, anstatt in den Schützengräben kämpfen zu müssen. Die Russische Revolution, Pogrome und die unsichere wirtschaftliche Lage, brachten ihn dazu 1921 nach New York zu emigrieren. Dort begann er in einer Konfektionsfabrik als Hausmeister zu arbeiten, da er glaubte, als Musiker nicht gut genug zu sein, um damit seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Man erzählt sich zudem, dass bei seiner Ankunft auf Ellis Island, der Immigrantensammelstelle von New York, seine Klarinette von der Einwanderungsbehörde zerstört wurde und er sich, erst nach einer langen Zeit des Sparens, eine neue kaufen konnte.
Doch bald schon wurde er sich bewusst, dass er besser als die meisten Berufsmusiker war und dass er mit seiner Klarinette sehr viel mehr Geld verdiente. Seine Fähigkeit, Noten zu transponieren und zu lesen, machte ihn bald zu einem gefragten Musiker und begründete nicht nur seine Karrieren, sondern auch seine langjährige Rivalität mit seinem Kollegen, dem Klarinettisten Naftule Brandwein. Dave Tarras konnte aufgrund seiner Fähigkeit des Vom-Blatt-Lesens und seiner absoluten Ruhe, Naftule Brandwein, in Joseph Cherniavskys Yiddish American Jazz Band, ersetzen. Bald darauf nahm Dave Tarras mit Abe Schwartz auf, nachdem Schwartz Brandwein gefeuert hatte. Nach und nach wuchs Dave Tarras Bekanntheitsgrad und mit diesem auch die Liste seiner Arbeitgeber. Er arbeitete und spielte für Joseph Rumshinsky, die Orchester von Abe Ellstein und von Alexander Oleshanetsky, die Al Glasers Bucovina Kapelle, Moishe Oysher, Sholom Secunda, Molly Picon, Seymour Rechzeit, Maurice Schwartz, Aaron Lebedeff, die Barry Sisters und viele andere. Darüber hinaus hat er, neben Aufnahmen jüdischer Musik, auch griechische, polnische und russische Musik aufgenommen.
Klezmer-Enthusiasten, besonders zeitgenössische Klarinettisten, diskutieren oft und gerne darüber, ob Tarras oder Brandwein besser oder der Klezmer-Musik treuer sei. Tarras Stil war weicher, feierlicher, mit langsamen Vibrato, während seine Phrasierung sauber, präzise und rhythmisch war. Sein Spiel war nicht, wie das von Brandwein, welcher beeinflusst war von der Klezmer-Geigentradition der polnischen Region Galiziens. Tarras spielte bereits auf eine weniger traditionelle Weise, als er noch in Ternovka lebte, sicherlich weil er in einem Militärorchester gespielt hatte, in welchem die orchestrale Einheit mehr im Fokus stand als die Individualität der Solisten.
Man schreibt Dave Tarras die Entwicklung der Bulgars, als populärer Stil der jüdischen Tanzmusik zu. Die Bulgars waren nicht ganz so beliebt wie die Freylekhs und wurden oft für verschiedene ethnische Gruppen in Osteuropa gespielt. Der Bulgar stammte ursprünglich aus Bessarabien und wurde in den 1940 Jahren zum Inbegriff der amerikanischen Klezmer, besonders nach der Komposition von Dave Tarras und seinen zahlreichen Aufnahmen des Bulgars. Ihr virtuoser Charakter und ihre Popularität waren so bedeutenden, dass viele Musiker und die jüdische Öffentlichkeit Bulgars für den Inbegriff der Klezmer hielten. Von Mitte der 1930er an, bis Ende der 1950er Jahre, war Dave Tarras der populärste Klezmer-Klarinettist und zu hören im Radio, auf Aufnahmen, in den Catskills (die berühmte Borsht belt), auf den Bühnen jiddischer Theater und auch bei Hochzeiten und anderen Veranstaltungen des gesellschaftlichen Lebens. Sein Stil beeinflusste eine ganze Generation von Bale-Kulturnik-Klarinettisten, von denen der wohl bekannteste, sein Schüler Andy Statman war. 1955 nahm er mit dem Orchester der Musiker-Brüder (darunter Sam Musiker, der sein Schwiegersohn geworden war) ein neues Album auf, eine Mischung aus Klezmer und Swing was damals überaus revolutionär war, jedoch kein Publikum fand. Einer seiner letzten Auftritte, erfolgte in dem Dokumentarfilm „A jumping night in the garden of Eden“.
Er verstarb am 13. Februar 1989 in Oceanside, Nassaud County im Bundesstaat New York und hinterließ eine Tochter, Broune, einen Sohn, Seymour und sieben Enkelkinder.
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