The yiddish cabaret – Korngold / Schulhoff / Desyatnikov

Hila Baggio, soprano / Jerusalem Quartet

Harmonia Mundi, 2019

Das Programm dieser CD, ist das Ergebnis der Bestreben des Jerusalemer Quartetts, über die Musik des jiddischen Kabaretts im Polen der Zwischenkriegszeit. Fast zwei Jahre lang recherchierten die vier Musiker, mit der Unterstützung der Musikwissenschaftlerin Gila Flam, in den Archiven der Nationalbibliothek von Jerusalem. Nach einem langen Auswahlprozess, entschieden sie sich für fünf jiddische Lieder, welche in den jüdischen Kabaretts von Warschau und Lodz, zwischen 1919 und 1939 in Umlauf waren. Das erste Lied, ist ein nostalgisches Lied über die Stadt Warschau (Varshe); bei dem zweiten Lied, handelt es sich um eine Parodie eines amerikanischen Liedes, über das Schicksal einer jüdischen Prostituierten (In a hoyz vu men veynt un men lakht). Das dritte (Ikh ganve in der nakht) und der fünfte Lied (Ikh vel shoyn mer nit ganvenen) entstammen dem Repertoire der jiddischen „Diebesliedern“ der jüdischen Unterwelt. Das vierte Lied (Yosl und Sore-Dvoshe) ist ein Duett zwischen einem Mann und einer Frau, die in Armut leben, dennoch aber davon träumen, eine große Familie zu haben und glücklich in einer großen Stadt zu leben.

Diese fünf Lieder dienten dem israelischen Komponisten Leonid Desyatnikov (1955) als „Rohmaterial“. Er adaptierte die Stücke für Gesang (hier auf Jiddisch von der israelischen Sopranistin Hila Baggio gesungen) und Streichquartett. Desyatnikov erklärt, in dem von Gila Flam verfassten Begleitheft der CD: „Mein Zyklus besteht aus einer Reihe freier Transkriptionen dieser gemeinhin für qualitativ „minderwertig“ befundenen Musik. Es handelt sich um die eklektische Kultur des Proletariats und der Ausländer, die Kultur des billigen Schicks und gleichzeitig – auf die beste Weise – um eine kesse und talentierte Kultur, voller Selbstironie und latenter Verzweiflung.“ Gila Flam ergänzt, dass „jüdische Musiker und Sänger, eine führende Rolle in der populären polnischen Musik gespielt hatten und dazu beitrugen, das Repertoire an polnischen und jiddischen Liedern, zu erweitern. Sie nahmen somit Einfluss auf die gesamte Musik des europäischen Kabaretts wie auch die Musik des Hollywood-Films und die des Broadway-Theaters in Amerika.“

Und gerade in Hollywood verbrachte der jüdische Komponist Erich Wolfgang Korngold (1897-1957), den Großteil seiner Karriere. Das am 29. Mai 1897 in Brünn, in Österreich-Ungarn geborene Wunderkind, welches manchmal mit Mozart verglichen wurde, war einer der letzten Vertreter der Wiener Romantik. 1925 war er nach Richard Strauss, einer der am häufigsten aufgeführten Komponisten des deutschsprachigen Raums. 1934 kam er zum ersten Mal in die USA, wo er vor allem Filmmusik für Warner Bros komponierte. Nach einer kurzen Rückkehr nach Wien, im Jahr 1937, emigrierte er 1938 schließlich endgültig. In zwölf Jahren schrieb er achtzehn Stücke der Filmmusik, von denen zwei (Anthony Adverse und Robin Hood) mit dem Oscar ausgezeichnet wurden. Das Streichquartett Nr. 2, op. 26, in vier Sätzen komponierte er im Jahr 1933 und am 16. März 1934 wurde es in Wien vom Rosenquartett uraufgeführt, kurz bevor der Komponist in die USA auswanderte. Laut dem Jerusalemer Streichquartett spiegelt dieses Werk, Korngolds tiefe Sehnsucht nach den musikalischen Traditionen Mitteleuropas wider.

Das letzte Stück auf dieser – leicht eklektischen – CD stammt von dem tschechischen Komponisten Erwin Schulhoff (1894-1942). Er wurde 1894 in Prag, als Sohn einer jüdischen Familie geboren und wurde schon früh von Dvořák entdeckt und gefördert. Sein Stil zeichnet sich durch eine Mischung aus Atonalität, Surrealismus und populäre Repertoires aus. Am 22.  Juni 1941 wurde er von den Nazis festgenommen und in der Festung Wülzburg in Bayern interniert, wo er am 28. August 1942 an Tuberkulose starb.

Seine Fünf Stücke für das Streichquartett (1923), welche Darius Milhaud gewidmet waren, wurden erstmals am 8. August 1924 in Salzburg aufgeführt. Sie bestehen aus einer Reihe von Tänzen (Walzer, Tango, Tarantella, usw.), welche sich an der populären Musik der damaligen Zeit inspirierten.

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